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Viola Trein

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Blog Post

Dankbarkeit

Viola Trein • 7. September 2019

mal ja mal nein

Es gab die Anregung, was über Dankbarkeit zu schreiben.

OK, da gibt es tatsächlich einen Zwiespalt. Ich bin für vieles dankbar und für vieles eben auch nicht.

Zum Beispiel bin ich dankbar, dass ich in meiner schönen Wohnung sein darf und Hilfe von meinen Eltern habe. Nicht dankbar bin ich für die ständige Grenzüberschreitung meiner Eltern. Sicher nicht böse gemeint, aber mir wird oft jede Eigenständigkeit abgesprochen und ich fühle mich wie eine 6-Jährige.

Ich bin dankbar, dass ich wieder alleine sitzen kann. Nicht dankbar bin ich für die täglichen Muskelschmerzen durch den hohen Tonus. Sehr unangenehm, die Medis helfen nur bedingt. Ich möchte auch ungern noch mehr einnehmen, meine Nieren und die Leber sind bereits leicht angeschlagen.

Ich bin dankbar für die netten Therapeuten, die ins Haus kommen. Nicht dankbar bin ich für die Tatsache, dass ich immer noch so sehr ans Haus gebunden bin und halt nicht alleine raus kann.

Ich bin dankbar für ein paar neue Menschen in meinem Leben, oder auch welche, die abhanden gekommen waren und jetzt wieder total lieb für mich da sind. Auch bin ich dankbar, dass ich mit der Krankheit und Behinderung feststellen durfte, wer überhaupt noch an meiner Seite ist. Bei vielen ist die Täuschung der letzten Jahre nun aufgeflogen und ich darf feststellen, dass ich wohl doch nicht so eine Bedeutung hatte, wie ich geglaubt habe. "Ent"-Täuschung. Schmerzliche Feststellung, aber dennoch danke, dass ich jetzt keine Energie mehr in diese Menschen stecke. Nicht dankbar bin ich für einige Menschen, die mir vorschlagen, wir unternehmen dies und das und dann nichts mehr von sich hören lassen. Ich freue mich nämlich darauf, weil sonst nicht viel los ist hier.

Dankbar bin ich, dass ich recht gut alleine klarkomme. Nicht dankbar bin ich für die eingeschränkte Beweglichkeit, die mir im Leben doch einiges verleidet.

Dankbar bin ich für die Tatsache, dass ich kognitiv nicht eingeschränkt bin, klar denken kann. Nicht dankbar bin ich, weil mein klarer Kopf so viel will und ich kann es aufgrund der Einschränkung nicht machen. Da fühle ich mich manchmal gefangen im eigenen Körper. Das ist ziemlich mies und dann kommt das Gefühl auf, ich werde bestraft für irgendwas.

Dankbar bin ich für das Gehen und Sitzen. Nicht dankbar bin ich für die vielen, oft massiven Muskelschmerzen (Nervenschmerzen) und die schnelle Erschöpfung.

Also, ich bin sehr wohl oft dankbar, manchmal dann aber auch wieder nicht. Dualität wie überall, nichts geht nur in eine Richtung. Unser Leben ist Dualität. Es gibt hell und dunkel, warm und kalt, Freude und Trauer usw.

Viele glauben und möchten von mir immer ein fröhliches Dasein sehen, einfach weil ich noch lebe. Ja verständlich, die können nicht mit mir und meiner Traurigkeit und Angst umgehen. Ich bin allerdings nicht immer gut gestimmt, manchmal bin ich nicht froh darüber, dass ich noch lebe.

Es ist unvorstellbar hart von 100 aktives Leben auf 0 total eingeschränkt mit täglichen Schmerzen. Klar hätte es noch schlimmer kommen können. Da bin ich tatsächlich wieder dankbar. Aber manchmal, wenn man was machen möchte, was man dann körperlich nicht kann, dann ist da keine Dankbarkeit.

Es geht hin und her, mal ja mal nein. Ich glaube, das ist normal und auch ok so.

Wenn jemand das anders sieht und glaubt, es hätte schlimmer kommen können, also freu Dich, dem sag ich dann erstmal selber erleben, dann urteilen.

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